Deutsche Beschreibung
Dieses Buch bietet eine umfassende Studie zum Jungneolithikum (JN, auch Einzelgrabkultur, ca. 2850 – 2250 v. Chr.) in Schleswig-Holstein. Neben einer detaillierten Darstellung aller Funde und Befunde dieser Epoche, liegt ein besonderer Fokus auf Analysen zu den charakteristischen Streitäxten.
Diese eignen sich in hervorragender Weise dazu, einen gesellschaftlichen Wandel zu erkennen, da die morphologische Variationsbreite im Laufe des JN zunimmt. So existieren im späten JN neben sehr elaboriert gestalteten Stücken auch plump wirkende Exemplare. Dies spiegelt vermutlich ein komplexer werdendes Gesellschaftssystem wider und deutet einen Bedeutungswandel der Äxte an. Die Streitäxte werden im Spätneolithikum
(SN) durch die Silexdolche abgelöst, die durch ähnliche Variationsunterschiede gekennzeichnet sind. Dies deutet eine Kontinuität in der sozialen Organisation an der Wende zum SN an.
Viele Streitäxte liegen im fragmentierten Zustand vor, wobei Schneiden- weitaus häufiger als Nackenhälften belegt sind. Da viele dieser Fragmente weiterhin im Besitz von Applikationen (Schälchen, pars pro toto Schaftlöcher) sind, ist anzunehmen, dass die Fragmente – und darauf aufbauend vermutlich ein Großteil aller Streitäxte aus Einzelfundkontexten – intentionale Deponierungen darstellen.
Ein weiterer Fokus wurde auf die Transformation zum JN gelegt, die sich besonders im profanen Bereich als Phase kontinuierlicher Entwicklungen zeigt. Weiterhin wurde ein Unterschied zwischen dem Westen und Osten des Arbeitsgebietes aufgedeckt, der entgegen langläufiger Meinung keine chronologischen Ursachen besitzt. Vielmehr zeigt sich darin eine strukturell unterschiedliche soziale Orientierung der beteiligten Gruppen. Sowohl im JN als auch im SN ist es im Westen gängige Praxis, dem Verstorbenen Statusobjekte (Streitäxte, Silexdolche und frühe
Bronzeartefakte) als Grabbeigabe mitzugeben, während diese Objekte im Osten des Landes äußerst selten Eingang in Bestattungen fanden, jedoch als Einzel- und im Falle der Bronzeobjekte auch als Depotfunde regelmäßig anzutreffen sind.
English abstract (text in German)
This book offers a comprehensive study of the Younger Neolithic period ([YN], c. 2850 – 2250 BC) of Schleswig-Holstein (SH). Apart from presenting all currently known artifacts and contexts of that period in detail, a particular focus was placed on the examination of YN battle axes. They appear to be the most common artifact that is preserved from the YN, and they are very well suited for investigating social phenomena. These artifacts furthermore changed diachronically.
While battle axes of the early stage are shaped more or less equally elaborately, late specimens exhibit significant morphological variation and difference, as some specimens were shaped very elaborately whereas others were quite simple. The same difference has been observed for the subsequently used flint daggers. It is suggested that this difference reflects the emergence of a more stratified society.
Many battle axes appear to have been deposited as broken pieces. As the ratio of cutting edges to butt ends is unequal (2:1) both in SH and in a wider region and as many pieces have “decorations” (Applikationen, pars pro toto shaft holes), battle axes are regarded as intentionally deposited. Accordingly, a large proportion of single finds are regarded as intentional depositions.
Another focus was set on examining the transition to the YN. It is argued that many aspects that are said to characterize the YN are rooted in the preceding Middle Neolithic. A novelty is that social role becomes marked in funerary contexts. Thus, the transformation to the YN marks a certain point where already initiated societal changes become visible for first time. The examination of certain attributes revealed furthermore that there are differences between western and eastern SH which are not determined by chronological changes only. Rather, general differences appear between western and eastern regions, an in a wider geographical as well as temporal frame, which might be linked to different social orientations – either collectively or individually acting groups.
Scales of Transformation Series
This is the publication series of the Kiel University research project “CRC 1266” which takes a long-term perspective, from 15,000 BCE to 1 BCE, to investigate processes of transformation in a crucial period of human history, from late Pleistocene hunter-gatherers to early state societies.
Funded by the German Research Foundation, the CRC combines research of around 60 scientists from eight institutions and the Johanna-Mestorf-Academy of the Christian-Albrechts-University Kiel as well as the Centre for Baltic and Scandinavian Archaeology (ZBSA) and the Archaeological State Museum Schloss Gottdorf.
1. Einleitung1.1 Forschungsgeschichte1.2 Definitionen und Chronologien1.3 Eingrenzung und Geomorphologie des Arbeitsgebietes1.4 Vorgehensweise und Repräsentativität2. Die jungneolithischen Befunde2.1 Jungneolithische Bestattungen2.1.1 Grabhügel2.1.1.1 Repräsentativität und Bevölkerungsgröße2.1.1.2 Aufbau2.1.1.3 Ausrichtung und Geschlechtsdimorphismus2.1.1.4 Wegesysteme2.1.2 Nachbestattungen in Megalithgräbern2.1.3 Flachgräber2.1.4 Brandbestattungen2.1.5 Sonderbestattungen2.1.6 Fazit zu den Bestattungsformen2.2 Jungneolithische Einzel- und Hortfunde2.2.1 Einzelfunde2.2.2 Mögliche Ursachen für das Anlegen von Horten2.2.3 Jungneolithische Hortfunde2.2.3.1 Hortfunde mit dicknackig-dickblattigen Geradbeilen2.2.3.2 Hortfunde mit hohlgeschliffenen Silexbeilen2.2.3.3 Verbreitung der Hortfunde mit Silexbeilen2.2.3.4 Weitere Hortfunde2.3 Siedlungen2.3.1 Siedlungen in den Nachbargebieten2.3.2 Jungneolithische Siedlungen in Schleswig-Holstein2.3.2.1 Indirekte Siedlungsnachweise in Schleswig-Holstein2.3.2.2 Direkte Siedlungsnachweise in Schleswig-Holstein2.3.2.2.1 Bad Oldesloe-Wolkenwehe LA 1542.3.2.2.2 Heidmoor LA 2462.3.2.2.3 Stolpe-Depenau LA 172.3.2.2.4 Wangels LA 5052.3.2.2.5 Groß-Waabs LA 1222.3.2.2.6 Hemmingstedt LA 22.3.3 Nachnutzung Grabenwerke2.3.4 Schnurkeramische Häuser und Siedlungsmuster2.3.5 Pollenanalysen und Subsistenzstrategien3. Die jungneolithischen Funde3.1 Jungneolithische Streitäxte3.1.1 Probleme der Streitaxttypologie3.1.2 Synchronisation der Typologien3.1.2.1 Synchronisation der A-Äxte3.1.2.2 Synchronisation der B-Äxte3.1.2.3 Synchronisation der C-Äxte3.1.2.4 Synchronisation der D-, E- und F-Äxte .3.1.2.5 Synchronisation der G-, H- und I-Äxte3.1.2.6 Synchronisation der K- und L-Äxte3.1.2.7 Synchronisationsanleitung3.1.3 Typologie der Streitäxte und Vorkommen in Schleswig-Holstein3.1.3.1 A-Äxte3.1.3.2 B-Äxte3.1.3.3 C-Äxte3.1.3.4 D-Äxte3.1.3.5 E-Äxte3.1.3.6 F-Äxte3.1.3.7 G-Äxte3.1.3.8 H-Äxte3.1.3.9 I-Äxte3.1.3.10 K-Äxte3.1.3.11 L-Äxte3.1.3.12 Sonderformen3.1.3.13 Unbestimmte Streitäxte3.1.4 Chronologie der Streitäxte3.2 Die Keramik3.2.1 Einleitung3.2.2 Vorbemerkungen zu A-Bechern3.2.3 Vorkommen und Signifikanzen ausgewählter Attribute3.2.3.1 A-Becher3.2.3.2 B-Becher3.2.3.3 C-Becher3.2.3.4 D-Becher3.2.3.5 Schalen Typ E3.2.3.6 Amphoren Typ F3.3 Silexbeile und Silexmeißel3.3 Silexbeile und Silexmeißel3.3.1 Vorbemerkungen zur Aufnahme und weiteren Vorgehensweise3.3.2 Generelle Aspekte3.3.3 Typologische Aspekte3.3.3.1 Unterscheidung zu mittelneolithischen Beilen3.3.3.2 Jungneolithische Silexbeile3.3.3.3 Unterscheidung der jungneolithischen Silexbeile3.3.4 Vorkommen in Schleswig-Holstein3.4 Die Pfeilspitzen3.5 Sonstige Silexgeräte3.6 Sonstige Felsgesteingeräte3.6.1 Zapfenkeile3.6.2 Felsgesteinbeile3.6.3 Keulenköpfe3.6.4 Schleif-, Polier-, Mahl- und Ambosssteine3.7 Bernsteinartefakte3.8 Armschutzplatten3.9 Metallartefakte3.10 Weitere Artefakte4. Befund und Fund – Zusammenfassende Betrachtungen4.1 Streitäxte in Bezug auf die Kontexte5. Analysen5.1 Gesteinsanalysen5.2 Analysen zu den morphologischen Attributen5.2.1 Die Testregionen5.2.2 Verzierungen5.2.3 Längen5.2.4 Schliff5.2.5 Längen und Schliff5.2.6 Zwischenfazit zu den Analysen5.3 Fragmente und Applikationen5.3.1 Entwicklung5.4 Deutung der Analysen5.4.1 Überlegungen zur Bedeutung von Fragmenten und Applikationen5.4.2 Vorbemerkungen zum Bedeutungswandel der Streitäxte im Wandel der Zeit5.4.3 Gebrauch5.4.4 Die Bedeutung der Streitaxt im Wandel der Zeit5.5 Zusammenfassende Deutung von Einzelfunden, Fragmenten und Schälchen6. Das Jungneolithikum in Schleswig-Holstein6.1 Geografische Differenzierung – Kritische Überprüfung klassischer Narrative6.2 Wirtschaftliche und soziale Aspekte6.2.1 Transformation vom Mittel- zum Jungneolithikum6.2.2 Mobilität und Bedeutung des geteilten Zeichensystems6.2.2.1 Soziale Rollen6.3 Der Übergang zu den Metallzeiten6.4 Schlussbetrachtungen7. Zusammenfassung8. Summary9. Literaturverzeichnis10. Katalog10.1 Vorbemerkungen zum Katalog10.2 Kreis Dithmarschen10.3 Stadt Flensburg10.4 Kreis Herzogtum Lauenburg10.5 Stadt Kiel10.6 Stadt Lübeck10.7 Stadt Neumünster10.8 Kreis Nordfriesland10.9 Kreis Ostholstein10.10 Kreis Pinneberg10.11 Kreis Plön10.12 Kreis Rendsburg-Eckernförde10.13 Kreis Schleswig-Flensburg10.14 Kreis Segeberg10.15 Kreis Steinburg10.16 Kreis Stormarn10.17 Schleswig-Holstein ohne Fundortangaben11. Abkürzungsverzeichnis12. Tafeln